Aktuelles

„Es ist Weihnachten, eine stille, frostige Nacht mit schrägem Mond über den schneefleckigen Dächern“


Wussten Sie schon, …

…, dass sowohl Brigitte Reimann als auch Siegfried Pitschmann eine Weihnachtsgeschichte geschrieben haben?


Für die Weihnachtsausgabe 1961 der „Wochenpost“ entstand Brigitte Reimanns Erzählung „Bei der halben Nacht“.


Die Erzählung besteht aus drei voneinander unabhängigen Episoden, die alle am Heiligabend des Jahres 1960 in Hoyerswerda spielen und deren Ende jeweils offengelassen wird. Die Protagonistinnen und Protagonisten aller drei Episoden arbeiten im Kombinat Schwarze Pumpe.
Eingeleitet wird die Weihnachtserzählung von Brigitte Reimann selbst wie folgt: „Das Haus, in dem ich wohne, ist ganz neu, und die Stadt ist neu, eine Stadt aus dem Baukasten, mit linealgeraden Straßen und struppigen, kleinen Bäumen. Manchmal, an den schweren, grauen Winterabenden, schmeckt die Luft nach dem Rauch und Ruß des großen Werkes, das seine Rohrfinger über die Heide auszustrecken beginnt. In meinem blau und gelben Haus riecht es noch immer nach Farbe und streng nach Beton, aber an den Wänden im Treppenhaus gibt es schon nichtsnutzige Inschriften und die dürren Männlein, wie Kinder sie malen … Ich habe ein Jahr lang Zeit gehabt, meine Nachbarn kennenzulernen – und nun geht das Jahr zu Ende, es ist Weihnachten, eine stille, frostige Nacht mit schrägem Mond über den schneefleckigen Dächern, und das Haus ist erfüllt von einem warmen, duftenden Brodem, in dem sich die Düfte von Honigkuchen und Äpfeln und Tannennadeln mischen.“


Für die Weihnachtsausgabe 1960 der „Wochenpost“ entstand Siegfried Pitschmanns Erzählung „Das Fest“, die am Weihnachtsabend des Jahres 1957 spielt.

Zu dieser Zeit lebten und arbeiteten in der Trattendorfer Heide, zwischen den Orten Spremberg und Hoyerswerda gelegen, moderne Goldgräber, sozialistische Helden und gescheiterte Existenzen, die sich aus Geldgründen, aus Idealismus oder wegen eines Dachs über dem Kopf zusammenfanden, um das Braunkohlenkombinat Schwarze Pumpe aufzubauen.
„Wenn in ‚Das Fest‘ fünf Arbeiter gemeinsam Weihnachten feiern mit Gänsekeulen und Pfefferminzfusel im Schein echter Kerzen und einer dann erzählt, wie seine Mutter auf der Flucht gestorben ist – da spürt man einen Kloß im Hals. Aus Pitschmann hätte ein Charles Bukowski werden können. Aber dafür hätte er fortgehen müssen. 2002 ist er gestorben.“ (Andreas Montag in „Mitteldeutsche Zeitung“, 27.02.2016)
Die vollständige Sammlung von Siegfried Pitschmanns „Erzählungen aus Schwarze Pumpe” ist 2016 im Aisthesis-Verlag als Buchausgabe erschienen.
Weiterlesen in: Erzählungen aus Schwarze Pumpe


Did you know ...

... that both Brigitte Reimann and Siegfried Pitschmann have written a Christmas story?


Brigitte Reimann’s story „Bei der halben Nacht“ was written for the 1961 Christmas edition of „Wochenpost“.

The story consists of three independent episodes, all of which take place on Christmas Eve 1960 in Hoyerswerda and are left open-ended. The protagonists of all three episodes work at the Schwarze Pumpe combine.
The Christmas story is introduced by Brigitte Reimann herself as follows: „The house I live in is brand new, and the city is new, a city from a construction set, with ruler-straight streets and shaggy little trees. Sometimes, on the heavy, gray winter evenings, the air tastes of the smoke and soot of the big factory that is beginning to stretch its pipe fingers over the heath. In my blue and yellow house, it still smells of paint and the harsh smell of concrete, but on the walls in the stairwell there are already useless inscriptions and scrawny little men, like children draw them … I’ve had a year to get to know my neighbors – and now the year is coming to an end, it’s Christmas, a quiet, frosty night with a slanting moon over the snow-spotted roofs, and the house is filled with a warm, fragrant broth in which the scents of honey cake and apples and pine needles mingle.“


Siegfried Pitschmann’s story „Das Fest“, set on Christmas Eve 1957, was written for the 1960 Christmas edition of „Wochenpost“.

At that time, modern gold diggers, socialist heroes and failed existences lived and worked in the Trattendorfer Heide, between the towns of Spremberg and Hoyerswerda, who came together to build the Schwarze Pumpe lignite combine for reasons of money, idealism or a roof over their heads.
„When five workers celebrate Christmas together in ‚Das Fest‘ with goose legs and peppermint fudge by the light of real candles and one of them tells how his mother died on the run – you feel a lump in your throat. Pitschmann could have become a Charles Bukowski. But he would have had to leave. He died in 2002.“ (Andreas Montag in „Mitteldeutsche Zeitung“, 27.02.2016)
The complete collection of Siegfried Pitschmann’s „Erzählungen aus Schwarze Pumpe“ was published as a book by Aisthesis-Verlag in 2016.
Read more in: „Tales from Schwarze Pumpe


Über die Publizistin Kristina Stella

Kristina Stella.
Foto: Marek Gronowski [11]

Kristina Stella wurde in Dresden geboren. Sie studierte wissenschaftliches Bibliothekswesen und arbeitete zunächst an der Universitätsbibliothek der TU Dresden, später beim DDR-Fernsehen.  In der Wendezeit verließ sie ihre Heimatstadt und trat eine neue Stelle an der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main an. Seit 2020 arbeitet Kristina Stella als freiberufliche Publizistin. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann in Kronberg im Taunus.

Ende der 1990er Jahre begann sie mit ihren Forschungen zu Brigitte Reimann, Siegfried Pitschmann und Schriftstellern in deren Umfeld. Sie gab u.a. Briefwechselbände heraus und die bislang unveröffentlichten Romane „Die Denunziantin“ von Brigitte Reimann (2022) sowie „Erziehung eines Helden“ von Siegfried Pitschmann (2015) und verfasste eine zweibändige Brigitte-Reimann-Bibliografie. Stellas Forschungen stützen sich vor allem auf Originalquellen wie Briefe, Tagebücher und Manuskripte.


Kristina Stella was born in Dresden. She studied academic librarianship and initially worked at the university library of the TU Dresden, later at GDR television. She left her hometown during reunification and took up a new position at the German National Library in Frankfurt am Main. Kristina Stella has been working as a freelance journalist since 2020. She lives with her husband in Kronberg im Taunus.

In the late 1990s, she began researching Brigitte Reimann, Siegfried Pitschmann and writers in their circle. Among other things, she edited volumes of correspondence and the previously unpublished novels „Die Denunziantin“ by Brigitte Reimann (2022) and „Erziehung eines Helden“ by Siegfried Pitschmann (2015) and wrote a two-volume Brigitte Reimann bibliography. Stella's research is primarily based on original sources such as letters, diaries and manuscripts.